Veranstaltungsnachlese: Chancen auf dem nordhessischen Arbeitsmarkt für Migrantinnen (07.11.2023)

Wie können wir Migrantinnen beim Berufseinstieg in Deutschland unterstützen? Mit dieser Frage hat sich die Fachveranstaltung „Chancen auf dem nordhessischen Arbeitsmarkt für Migrantinnen“ des Projekts DIGI TURN befasst, die am 07. November 2023 im Science Park Kassel stattfand.

Christel Thomas, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit in Kassel, erläuterte in einem Grußwort die aktuelle Arbeitsmarktsituation in Nordhessen. Anhand von Beispielen und Statistiken machte sie deutlich, welche Chancen und Hürden es für Frauen und insbesondere Frauen mit Migrationserfahrung auf dem Arbeitsmarkt aktuell gibt. Dabei legte sei auch dar, dass 52% der Frauen, die auf eine Chance warten, aktiv in die nordhessische Arbeitswelt einzutreten, über eine solche Migrationserfahrung verfügen.

Beate Hedrich, Vorsitzende der Frauencomputerschule Kassel, stellte anschließend das Projekt vor, das im Rahmen des Projekts „MY TURN – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert wird. Ziel sei es, die Potentiale von Migrantinnen als Lösung für den Arbeits- bzw. Fachkräftemangel aufzuzeigen. Zielgruppe des Projekts sind Frauen, die seit 2015 nach Deutschland eingereist sind, über einen Aufenthaltstitel verfügen und sich in den Arbeitsmarkt integrieren möchten. Nach einer Laufzeit von etwa einem Jahr seien so bereits 277 Frauen erfolgreich in eines oder mehrere Module des Projekts vermittelt worden.

Bestandteile des Projekts DIGI TURN

Anschließend stellten sich die vier am Projekt beteiligten Kasseler Bildungsträger vor und informierten die Teilnehmenden der Veranstaltung über ihre jeweiligen Aufgaben im Rahmen des Projekts:

Stellvertretend für die Frauencomputerschule Kassel erläuterte Beate Hedrich das Modul zur digitalen Qualifikation. Neben Schulungen zur gängigen Nutzung von Bürosoftware vermittle die Frauencomputerschule den Teilnehmerinnen digitale Grund- und Kommunikationskompetenzen. Über eine Dauer von vier bis fünf Monaten lernen die Teilnehmerinnen so, selbstständig Probleme im Umgang mit digitaler Technik zu lösen.

Der Verein BENGI e. V. führe einerseits berufsbezogene Sprachkurse durch, die den Frauen den Einstieg in die Arbeitswelt erleichtern sollen. Zusätzlich übernimmt BENGI auch die Kinderlotsenstelle im Projekt. Sie informieren darüber, welche Kinderbtereuungsmöglichkeiten es in der Stadt und im Landkreis Kassel gebe und unterstützen die Projektteilnehmerinnen bei der Anmeldung und Organisation. Der Verein begleitet die Frauen bei Bedarf auch in die Betreuungseinrichtungen.

Das Team des Schlachthof Kassel führt im Rahmen des Projekts Beratungsangebote und Coachings durch. In Kursen zu relevanten Themen über das Leben und Arbeiten in Deutschland lernen die Teilnehmerinnen nicht nur die Gegebenheiten des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Deutschland kennen, sondern können auch soziale Kontakte knüpfen, in geschützten Räumen ihre eigenen Haltungen und Meinungen austauschen und erfahren so ein Empowerment. Ein regelmäßig und unverbindlich stattfindendes Sprachcafé dient darüberhinaus zum alltäglichen Austausch und der Verbesserung der Sprachkenntnisse.

Outlaw Kassel übernimmt in dem Projekt die individuelle Berufs- und Ausbildungsberatung. Damit loten sie einerseits den Ist-Zustand der Teilnehmerinnen hinsichtlich ihrer beruflichen Qualifikation aus und entwickeln gemeinsame berufliche Perspektiven. Neben der Berufsorientierung unterstützt Outlaw die Projektteilnehmerinnen zudem bei der Anerkennung von Zeugnissen, der Erstellung von Bewerbungsunterlagen und führt Bewerbungstrainings durch.

Potenziale von geflüchteten Frauen fördern

Anschließend folgte ein Vortrag von Dr. Adriana Silva Cardozo. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Anhand von Daten des Sozioökonomischen Panels berichtete sie von Hürden und Erfolgen bei der Integration von migrantischen und geflüchteten Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Dabei wies sie auf Unterschiede zwischen Frauen und Männern mit Migrationserfahrung hinsichtlich der Chancen und Hürden bei der Arbeitsmarktintegration hin. Das Potenzial von geflüchteten Frauen sollte gefördert werden und es müsse speziell auf sie zugeschnittene Sprachkurse und Integrationsangebote geben, damit Integration erfolgreich ist.

Nach einer Pause und Zeit zum Netzwerken wurden einige Best Practice Beispiele aus der Region Nordhessen vorgestellt.

Teslihan Ayalp, Integrationsbeauftragte der Stadt Kassel, informierte darüber, welche Nationalitäten in Kassel am stärksten vertreten sind. Außerdem berichtete aus eigener Erfahrung von den Träumen und Hürden, die Migrantinnen in Deutschland begegnen und warb um Empathie bei den Bildungsträgern.

Anschließend stellen Andreas Bernhard und Sebastian Hillberger das WIR Vielfaltszentrum des Landkreises Kassel vor. Sie berichteten dabei über die besonderen Gegebenheiten der Integrationsarbeit im ländlichen Raum.

Vertreterinnen und Vertreter von Volkswagen berichteten aus dem Projekt „Einstiegsqualifikationen“. Dort können junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, in Langzeitpraktika berufliche Grundqualifikationen sammeln. Insbesondere Frauen profitieren von diesem Angebot. Eine ehemalige Teilnehmerin des Projekts schilderte ihre positiven Erfahrungen in diesem Projekt.

Leila Mohtadi berichtete über die Arbeit des Netzwerks „All In“ der VIVA Stiftung. Sie beraten und unterstützen Vereine, die als Brückenbauer*innen in migrantische Communities fungieren, darunter drei Frauenvereine.

Zum Abschluss stellte Ulrike Seilacher das Projekt MIDNIMO vor. Einmal die Woche treffen sich Frauen mit und ohne Migrationsgeschichte, um miteinander zu sprechen, Kunst zu machen und die Stadt Kassel kennenzulernen. Der Name des Projekts ist somalisch und bedeutet „Zusammen“.

Impressionen der Veranstaltung


Beitrag veröffentlicht am